Memoriam:
Rainer Beck, letztes Opfer des 2. Weltkrieges – nach der Kapitulation:
„Was man heute daraus lernen kann?
Dass man es als Gesellschaft erst gar nicht zu solchen Zuständen kommen lassen darf, in denen die Menschlichkeit abgestumpft wird, weil es dann zu spät ist. Der Firnis der Zivilisation ist dünner als man denkt.“
(vgl. Wikipedia)
„SOMMER – SONNE – SEGEN“
„Endlich wieder Sommer!“, höre ich aller Orten: „Welch ein Segen!“ Die Euphorie erhebt sich ins Überschwängliche: „Geh aus mein Herz und suche Freud“, wird in allen Gruppen und Kreisen aus offener Kehle gesungen. Sämtliche Hemmungen scheinen verflogen und aus offenen Herzen tönt es: „Sollt ich meinen Gott nicht singen?“ Der Mensch im Sommer scheint inmitten der sich prächtig kleidenden Schöpfung auch aufzublühen – und so mancher hätte gern ein Bett im Kornfeld.
Auch Gott scheint alle Einschränkungen abzulegen, denn „er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute“ (vgl. Matthäus 5). Die religiöse Strenge von Gesetz und Propheten wird von der überschwänglichen Zusage Gottes übertrumpft, dass nicht aufhören soll „Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht“ (vgl. Genesis 8). Menschen werden im Sommer zu Psalmisten und singen: „Denn bei dir, Gott, ist die Quelle des Lebens und in deinem Lichte sehen wir das Licht“ (vgl. Psalm 36). Das ist sommerliche Götterdämmerung! Das ist eine Urerfahrung: „Licht scheint in die Finsternis, und die Finsternis hat´s nicht ergriffen“ (vgl. Johannes-Evangelium 1).
Der religiös angerührte Mensch staunt: So ist „Finsternis nicht finster bei dir, und die Nacht leuchtete wie der Tag. Finsternis ist wie das Licht“ (vgl. Psalm 139). Der Erleuchtete muss wohl ein Nordlicht gewesen sein, denn im Sommer wird es im Norden nie ganz dunkel. Eine wahrlich göttliche Erfahrung, die schon Wikinger und Germanen ausgiebig -mit Alkohol und Gesang- feierten. Ob das immer ein Segen war?
Gott schenkt uns seinen Segen, so heißt es im Hebräerbrief (6,7): „Die Erde, die den Regen trinkt, der oft auf sie fällt, und nützliche Frucht trägt denen, die sie bebauen, empfängt Segen von Gott“.
Das ist eine Gotteswahrnehmung, die die Erde nicht nur als biologisches Objekt, sondern als eine gut vernetzte Schöpfung begreift. Die Erde ist mehr als die Summe seiner wissenschaftlichen Teile! Der von Gott berührte Mensch entdeckt, dass alle guten Gaben von Gott kommen. Er ist ein dankbarer Mensch, was sich täglich im Gebet und im Gesang ausdrückt. Aber er ist auch ein sozialer Mensch, der nicht nur eine Beziehung zu Gott pflegt, sondern auch zur Schöpfungsgemeinschaft. „Keiner kann allein Segen sich bewahren. Weil du reichlich gibst, müssen wir nicht sparen. Segen kann gedeihn, wo wir alles teilen, schlimmen Schaden heilen, lieben und verzeihn.“ (vgl. EG 170.2)
Jesus sagt (vgl. Matthäus 12): Wem das Herz voll ist, dem läuft der Mund über“. Und dieser Mensch fängt dann oft an zu singen. So kommt alles zusammen: Sommer, Sonne, Segen und Gesang.
„Niemand kann zwei Herren dienen.“
Matthäus-Evangelium Kap. 6, Vers 2
In der berühmten Bergpredigt von Jesus (vgl. Matthäus-Evangelium, Kap. 6-7) reflektiert er den Wohlstand. Jesus predigt: „Niemand kann zwei Herren dienen: … Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.“ Mammon ist nach den Sach- und Worterklärungen der Luther-Bibel die „zusammenfassende Bezeichnung von Geld und Gut“.
Wie gehen wir heute als Christinnen und Christen mit unserm „Geld und Gut“ um? Jesus sagt etwas später in der Bergpredigt (7,16): „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.“
Die Ev. Kirche in Deutschland hatte, so die Kirchen-Zeitschrift „publik forum“, im Jahr 2021 -trotz Pandemie und Mitgliederverlust- eine Rekordeinnahme der Kirchensteuer von rund 6.000.000.000,00 €. Die Kath. Kirche genoss 2021 ebenfalls Kirchensteuereinnahmen in Höhe von 6.730.000.000,00 €.
Wie der Diplom-Politologe Carsten Frerk, ein Fachmann für Kirchenfinanzen, schreibt, werden diese Einnahmen noch ergänzt durch „Steuerbegünstigungen und Subventionen in Höhe von mehr als 50 Prozent der Kirchensteuereinnahmen“.
Demnach verfügen die beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland im Jahr zur Zeit über gut 25 Milliarden Euro Einnahmen. Hinzu kommt noch ein Geldvermögen von über 170 Milliarden. Die christlichen Kirchen darf man somit aktuell als „sehr wohlhabend“ bezeichnen.
Schätzungsweise ein Drittel der Einnahmen wird für die klassische Gemeindearbeit, wie Gottesdienste, Seelsorge, Gruppen und Kreise, ausgegeben. Zwei Drittel fließen in die Verwaltung für Kirchendiener und -gebäude, weswegen der Fachmann Carsten Frerk einen „amtskirchlichen `Wasserkopf`oberhalb der Gemeinden“ diagnostiziert.
Der Kirchenhistoriker Prof. Gerhard Besier schreibt in seinem Buch „konzern kirche“: „Idealistische Naturen mag es schmerzen zu erfahren, wie tief eine Kirche, die sich auf den armen Wanderprediger Jesus beruft, in `kapitalistischen` Geldgeschäften steckt. Realistische Kirchensteuerzahler mit ungebrochenem Verhältnis zur westlichen Gesellschaftsordnung mögen sich über die mangelnde Professionalität ärgern, mit der die Kirche das Geld ihrer Mitglieder verwaltet.“
Was würde wohl Jesus zu seiner Kirche hier in Deutschland sagen? Was sagen Sie?
Die Kirchengemeinde Langenfelde muss gegenwärtig hinnehmen, dass trotz des nachweislichen Wohlstandes der Kirche das Kirchenkreisamt die Unterstützung für die Gemeindearbeit erheblich kürzt; eine halbe Pfarrstelle in Langenfelde wurde gestrichen!
Auch die Vakanz der Pfarrstelle seit eineinhalb Jahren ist eine immense Reduzierung und auch ein Schaden für die Gemeindearbeit vor Ort. Wie soll da die Kirchengemeinde Frucht bringen? Wie sollen in dieser Situation die Ehrenamtlichen vor Ort, allen voran der Kirchengemeinderat, authentisch christliche Kirche in Langenfelde sein?
Jesus selbst gibt uns die
Antwort: Diene Gott und nicht dem Mammon!
„Die Liebe erträgt alles, sie glaubt alles,
sie hofft alles, sie duldet alles.“
1. Korintherbrief 13,7
Die Liebe ist eine Leidenschaft, die Leiden schafft. Das ist die Geschichte der Passion Jesu. Es gehört zu den Geheimnissen des Lebens, dass Liebe vor Leiden nicht bewahrt. Zur überschwänglichen Freude über die Schwangerschaft mischt sich zur Liebe der Mutter auch der Schmerz der Geburt – und später auch das Leiden der Begleitung der Kinder, die selbstständig und flügge werden wollen. Manche Männer leiden schon, wenn ihr geliebtes Auto ohne Garage im Freien parken muss. Kinder lieben den Weihnachtsmann und leiden unter der Realität, wenn sie erkennen, dass es nur ein verkleideter Nachbar war, dem sie vertrauten. Diese Aufzählungen ließen sich noch mit zahlreichen individuellen Passionserlebnissen ergänzen.
Sollten wir deshalb – sicherheitshalber – aufhören zu lieben? Wo keine Liebe, da kein Leid! Diejenigen, die die Schöpfung nicht mehr lieben, leiden auch nicht mehr an der Zerstörung der Umwelt. Diejenigen, die den Frieden nicht mehr lieben, leiden auch nicht mehr unter den Kriegen. Diejenigen, die die Gerechtigkeit nicht mehr lieben, leiden auch nicht mehr an den Intrigen des Alltags. Diejenigen, die nicht mehr die Vernunft des Menschen lieben, leiden auch nicht mehr an dem irren Verhalten des Menschen. Diejenigen, die Gott nicht mehr lieben, leiden auch nicht mehr an der Hoffnung auf eine Heilsgeschichte der Welt.
Gott lässt sich die Liebe nicht nehmen und sendet Jesus Christus in die Welt als Botschafter der Liebe. Jesus dient Gott mit Leidenschaft; voller Liebe und voller Leiden. Die weltliche Passionsgeschichte Jesu ist eine Liebesgeschichte Gottes – einer Liebe, die alles erträgt, alles glaubt, alles hofft, alles duldet. Wer sich diesem Evangelium nähert, wundert sich und entdeckt die Leidenschaft der Liebe im Leben und im Sterben, in der Zeit und in der Ewigkeit, im eigenen und auch im Leben der anderen.